Freitag, 9. März 2018

Oberflächennahen Triebschnee beachten – Zunahme an Gefahrenstellen durch Südföhn – Temperaturanstieg fördert die Durchfeuchtung in tieferen Lagen

Am 07.03. und 08.03. beobachteten wir in Tirol relativ viele Lawinenabgänge geringer Größe. Die Ursache lag in den Schneefällen seit dem 06.03.,  dem zunehmenden Windeinfluss sowie der Existenz oberflächennaher Schwachschichten.

An der Karte erkennt man nicht den teilweise beobachteten, recht markanten Anstieg der Schneehöhe mit der Seehöhe. Lokal schneite es im 3000m-Niveau um 40cm.

Mancherorts mehr Neuschnee in größeren Höhen, wie hier in den Stubaier Alpen (Foto: 08.03.2018)

Eine wechselhafte Woche liegt hinter uns. Markant sind derzeit der zunehmende Windeinfluss sowie der Temperaturanstieg

Unterwegs in den Tuxer Alpen bei während des Tages stärker werdendem Windeinfluss. Die am rechten Bildrand abgebildete Aufstiegsspur wurde bereits großteils zugeweht. (Foto: 08.03.2018)

Schneefahnen in den Südlichen Ötztaler Alpen (Foto: 08.03.2018)

Die dadurch entstandenen Triebschneepakete waren meist recht störanfällig. Diese konnten sowohl schattseitig, als auch sonnseitig ausgelöst werden. Als Schwachschicht kamen einerseits in allen Expositionen lockerer, überwehter Pulverschnee, andererseits v.a. im schattigen Gelände die während der letzten Kältephase aufbauend umgewandelte Schicht aus lockeren, meist kantigen Kristallen in Frage. Letztere Schicht findet man in höheren, besonnten Lagen allerdings auch unterhalb einer dünnen Schmelzkruste.

Sonnseitig hat sich dieser Triebschnee mit der darunter liegenden Schicht aus lockerem Pulverschnee durch den Strahlungseinfluss am 08.03. wieder gut verbunden. Einzig in großen Höhen, dort wo es mehr geschneit hat bzw. mächtige Triebschneepakete abgelagert wurden, kann die erwähnte kantige Schicht unterhalb der Schmelzkruste mitunter im besonnten Gelände noch störanfällig sein.

Trockener Rutsch, der durch eine Gämse im besonnten Steilgelände während der Morgenstunden des 08.03. auf etwa 2200m ausgelöst wurde. Triebschnee auf lockerem Pulverschnee, darunter eine Schmelzkruste. (Foto: 08.03.2018)

Während des Tages wurde die Schneedecke oberflächig zunehmend durchfeuchtet. Eine Person löste beim Queren des Hanges diesen feuchten Rutsch aus. Galtjoch, Außerfern (Foto: 08.03.2018)

Es wurden uns einige Lawinenabgänge gemeldet, bei denen Personen beteiligt waren, die meisten im schattigen Gelände. Bei zwei Lawinenabgängen wurden die Personen ca. 300m mitgerissen, einmal am Gaißhorn bei Tannheim im Außerfern, einmal im Hörndlinger Graben in den Kitzbüheler Alpen. Die Personen blieben unverletzt.

Lawinenabgang Hörndlinger Graben in den Kitzbüheler Alpen. Eine von zwei Personen wurde ca. 300m mitgerissen. (Foto: 08.03.2018)

Lawinenabgang Hörndlinger Graben. Man erkennt die Einfahrtsspur und den Lawinenanriss. Die zweite Person fuhr in Folge seitlich versetzt der Lawine ab. (Foto: 08.03.2018)

Eine von mehreren Lawinenabgängen mit geringer Anrissmächtigkeit. Hier im Skigebiet Obergurgl-Hochgurgl (Foto: 08.03.2018)

Spontane Lawinen vom 07.03. in den Südlichen Stubaier Alpen (Foto: 08.03.2018)

Die größte uns bekannte Lawinenablagerung von einer spontanen Lawine vom 07.03.: Stillup, Zillertaler Alpen. Ein kurzfristiger Temperaturanstieg während der Niederschläge förderte am 07.03. die spontane Lawinenaktivität. (Foto: 08.03.2018)

Es folgt ein kurzer Blick auf einige Schneeprofile der vergangenen Tage, die man auch hier findet.

Schneeprofil vom 08.03.2018 Schwarzbrunn, Tuxer Alpen: NO, 1750m. Unterhalb einer dünnen Schmelzkruste lagern kantige Kristalle, die sich während der langen Kälteperiode gebildet haben. Spätestens oberhalb etwa 2000m verschwindet diese Schmelzkruste. Dann findet man „nur" mehr kantige Kristalle, die  überschneit, bzw. überweht sind. Die kantigen Kristalle bilden die Schwachschicht.

Schneeprofil vom 08.03.2018 Rosenjoch, Tuxer Alpen: N, 2540m: Die kantige Schwachschicht von der Kälteperiode findet man hier unter einem Winddeckel, der vom Föhn des vergangenen Wochenendes herrührt

Im besonnten Gelände findet man verbreitet eingelagerte Schmelzkrusten. Deren Dicke nimmt mit der Seehöhe allgemein ab, hängt aber wesentlich auch von der Neigung ab. Problembereiche findet man am ehesten noch in oberflächennahen Schichten in größeren Höhen. Dort sind an diese Schmelzkrusten angrenzende kantige Schichten zum Teil noch locker und somit störanfällig.

Schneeprofil auf ca. 2800m im südexponierten Gelände, 30 Grad an einer windexponierten, schneearmen Stelle in den Südlichen Stubaier Alpen. Kantige Kristalle unterhalb einer Schmelzkruste. Innerhalb dieser kantigen Schicht erkennt man auch kleine, gefrorene Schmelzkanäle, die stabilisierend wirken, bei großer Belastung, insbesondere großer Schneeauflast jedoch unverändert gestört werden können. (Foto. 08.03.2018)

Profil auf 2640m, Süd. 30 Grad vom 08.03., Stubaier Alpen. Die problematischste Schwachschicht bilden die kantigen Kristalle unterhalb der obersten Schmelzkruste und zwar dann, wenn diese von mächtigeren Schneepaketen überlagert würde.

Für das Wochenende raten wir deshalb, Triebschneepakete allgemein im schattigen Gelände sowie in besonnten Hängen in größeren  Höhen möglichst zu meiden.
Verschärfend kommen der an Stärke zunehmende Föhneinfluss sowie die am Sonntag im Süden zunehmenden Niederschläge zu. Wir rechnen dann durchwegs auch mit spontanen Lawinenabgängen.

Weiters zu beachten: Die Schneedecke wird durch die warmen Temperaturen derzeit unterhalb etwa 2000m feucht und dadurch geschwächt. Das Nassschneeproblem nimmt mit den steigenden Temperaturen weiter zu. U.a. kann auch die Gleitschneeaktivität wieder zunehmen.